Das Denkmal für NS-Opfer von Oberwart/Felsőőr/Erba

Stefan Benedik, Das Denkmal für NS-Opfer von Oberwart/Felsőőr/Erba. In: Richard Hufschmied et al. (Hg.): ErinnerungsORTE weiter denken. In memoriam Heidemarie Uhl, Wien-Köln-Weimar 2023, 245–256.

Das 1989 aufgestellte Denkmal für die NS-Opfer der burgenländischen Bezirkshauptstadt Oberwart/Felsőőr/Erba ist ein absoluter Ausnahmefall: Es nennt zu allererst Romnija und Roma, und das an einem Ort einer großen Romani Community. In diesem Text versuche ich zu ergründen, was grundsätzliche Voraussetzungen und Konsequenzen der Veränderungen in der NS-Opfererinnerung sind: Wenn die Erinnerung an spezifische verfolgte Gruppen hegemonial wird, wird die Überhöhung von Opferschaft vom Verständnis der Verfolgten als passive, das heißt stumme, Opfer begleitet. Ein solches Silencing zeigt sich in Oberwart/Felsőőr/Erba nicht nur daran, dass nur Nicht-Romani Aktivisten in die Errichtung dieses Denkmals eingebunden waren, sondern vor allem in der Beobachtung, dass das Denkmal Rezeptionen erlaubt, die eine Trennung von überhöhten historischen von aktuellen Rom*nija ermöglicht, ja sogar als Legitimationsgrundlage für Schuldumkehr und für die Artikulation von Gewaltphantasien und radikaler rassistischer Entwertung herangezogen wird. Insofern ist das Denkmal als Beispiel für non-committal memory zu lesen, in dessen Kontext die Abstraktion von Erinnerung (das als Reservoire moralisch-ethischer Positionierungen verstanden wird) zu einer Exklusion der Community von Nachkommen führt: Nicht konkrete Verfolgung und konkrete Opfer stehen im Zentrum, sondern deren Narrativisierung im Sinne abstrakter moralischer Lektionen, die so weit ausgehöhlt werden können, dass sie sogar gegen die Nachkommen der Opfer gewendet werden können.